Okay, das klingt jetzt, als hätte es so gar nichts mit „kelteraktiv“ zu tun, also „off-topic“ wie der Anglophile sagt: es geht um die Herstellung von Olivenöl. Doch wir waren so begeistert und haben so vieles Bekannte entdeckt, dass es vielleicht auch dem geneigten Leser dieses Apfelwein-Blogs gefällt.
Anfang November, nachdem all die Keltersachen wieder sauber bis zum nächsten Jahr verstaut waren, verweilten wir in der Toskana – inmitten von Olivenbäumen. Unser Ferienhaus war idyllisch, abseits des großen Trubels ein paar Autominuten von Florenz entfernt gelegen (*), und es begab sich, dass unsere Gastgeberin in kleinem Maßstab Oliven anbaut und zu Olivenöl verarbeitet. Das war reiner Zufall, denn bei der Buchung der Unterkunft haben wir eher auf die Verfügbarkeit von WLAN geachtet als auf die landwirtschaftlichen Nebenjobs. Naja, jedenfalls hat es nicht lange gedauert und man war im Gespräch; Dank Elisabeths Eifer und Einsatz 🙏 wissen wir nun etwas mehr über die Herstellung von Olivenöl.
Unsere Gastgeberin besitzt ca. 350 Olivenbäume, die meisten davon „erst“ ein paar Jahrzehnte alt, denn es gab wohl 1985 mal einen großen/ schlimmen Kälteeinbruch, weshalb ein Großteil neu gepflanzt werden musste. Nach ca. 4 Jahren konnte man wieder die ersten Oliven ernten. Und das sieht dann ganz ähnlich aus wie bei unserer Apfelernte: Plane bzw. Netz drunter, schütteln, einsammeln:
Geschüttelt wird mit einer Maschine, einer Art Gabel, wobei man die beweglichen Zinken in die Äste steckt und diese dort dann die Oliven abrütteln. Das wäre vielleicht auch mal was für die Speierlingsernte 😉
Wenn man die Oliven erst einmal hat geht alles wie mit den Äpfeln auch: waschen, maischen, pressen. Unserer Gastgeberin macht das nicht selbst, sondern gibt die Oliven weg und bekommt ihr gepresstes Öl zurück. Sie hat uns aber an Freunde vermittelt, die das Olivenöl noch sehr traditionell herstellen – in dem Sinne, dass es sehr familiär zugeht und man den Prozess noch direkt verfolgen kann.
Dann wird gemaischt. Naja, es heißt wohl nicht „Maische“, aber „Matsch“ – wonach es aussieht – ist auch falsch 😉 An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Verarbeitung mit Mahlsteinen zwar schön anzusehen ist und „dem Brauchtum“ entspricht, heute aber eigentlich nicht mehr angewendet wird. Auch hier sind mittlerweile Aspekte wie „Hygiene“ deutlich wichtiger als die Folklore. Wir hatten das Glück, dass in dem Familienbetrieb noch Wert auf die Tradition gelegt wird 😃.
Der „Matsch“ wird dann in Lagen geschichtet – was natürlich sehr an die Apfelpackpresse erinnert. Hier werden immer 5 Schichten Oliven-„Zeug“ durch eine Art „Tuch“ getrennt, dann kommt 1 Metallplatte (Alu?). Und das wird dann fast 2 Meter hoch getürmt – durch einen „Roboter“ (soviel zum Thema „traditionelle Herstellung“ 😉). Dieser baut einen Turm ab und einen zweiten direkt wieder auf – das Bedienpersonal in der Mitte hat keine Langeweile 🥵.
Aaaalso, wenn ihr mich fragt wovon die Architekten des Turms von Pisa inspiriert wurden … ich hätte da eine Idee:
Und dann wird gepresst, mit richtig dicken Hydraulikpressen. Bis zu 1.000 bar; als wir auf das Manometer geschaut haben, stand es schon bei 500. Zum Vergleich: Die Hydraulikpresse auf der wir den OGV-Schoppen pressen macht 100 bar.
Für die Freunde des bewegten Bildes:
Letzter Schritt: Öl vom Wasser trennen. Tatsächlich kommt aus der Presse nicht das fertige Öl, sondern es handelt sich um ein Öl/Wasser-Gemisch – und das Wasser muss weg. Das geschieht in einer Zentrifuge.
Ggf. wird das Öl jetzt noch einmal gefiltert bevor es abgefüllt wird – fertig. Wow – doch ganz schön aufwendig. Was wir noch zu Olivenöl gelernt haben:
- (Oliven-)Öl wird durch Lagerung nicht besser. Nach Herstellung am besten sofort konsumieren – und tatsächlich konnte man dieser Tage überall Schilder sehen, die das „neue!!!“ Öl anpriesen.
Sofern nicht mit Konservierungsmitteln behandelt, gilt für das Öl die gleiche Daumenregel wie für unseren hausgemachten Apfelwein: soll seinen Geburtstag nicht erleben. - Aus 100kg Oliven bekommt man angeblich ca. 12 Liter Öl
- Eine andere Daumenregel besagt: von einem („erwachsenen“) Baum bekommt man 1 Liter Öl.
- Für die schnellen Rechner: d.h. man rechnet mit 100/12 = 8,3 kg Oliven je Baum … klingt gar nicht mal so viel 🤔.
Zum Schluss noch ein großes Dankeschön an Sig. Alberto Giannotti dass wir seinen Betrieb besichtigen durften, und natürlich an Gianna/ Riccardo, dass sie den Kontakt hergestellt haben! 🙏
(*) Das Beitragsbild zeigt übrigens nur einen „zufälligen“ Blick in die Landschaft und nicht unser Ferienhaus; ich brauchte lediglich ein Bild mit Olivenbäumen 😉
Und – wieviel Öl habt ihr mitgebracht? Und wie schmeckt es? Darüber hast du nichts berichtet.
Viele Grüße Ingrid
😎 Es schmeckt natürlich sehr gut! 😋
Wir haben von der besuchten Ölmühle und von unserer Gastgeberin je 3L Öl mitgebracht, jeweils die ganz frische Pressung.
Beide sind sehr fruchtig und überhaupt nicht scharf im Abgang = sehr gut bekömmlich.
Sie schmecken auch pur, bzw. mit etwas Weißbrot und Salz.
Sehr interessant und informativ. Werden das Olivenöl mit einem schönen Brot probieren.
Gruß Rainer