Jetzt beschäftige ich mich ja schon eine geraume Zeit (uh, mal rechnen … wow, schon ca. 15 Jahre) mit dem Thema „Apfelwein“, was zwangsläufig zur Folge hat, dass ich mich auch mit Äpfeln beschäftigen muss 😉 Denn, das war schnell gelernt, wenn der Apfelsaft, der Süße, nicht schmeckt oder zu fad ist, dann wird auch kein guter Apfelwein draus. Also lernt man ein bisschen was über die Apfelsorten die auf der eigenen Wiese stehen, und achtet – wenn möglich – beim Pressen auf einen gesunden Mix unterschiedlicher Sorten.
Auf unseren zwei gepachteten Streifen haben wir ca. 10 Apfelsorten – das vorhandene Wissen über Apfelsorten ist also eher begrenzt. Weltweit gibt es wohl 20.000 Apfelsorten, alleine in Deutschland mindestens 2.000 … und ich kenne 10! Das kann so nicht weitergehen, und so wurde ich (von und mit der Partnerin) auf ein Pomologie-Seminar geschickt.
Zunächst haben wir gelernt wo beim Apfel „oben“ ist – und es war ja klar, dass die naheliegende Antwort falsch ist. Oben ist die Kelchgrube, unten die Stielgrube. Das ist aber tatsächlich das unwichtigste 😉. Dann ging es ins Eingemachte: Woran erkennt man eine Apfelsorte?
- Farbe (Grundfarbe/ Deckfarbe)
- Berostung (Form/ Farbe/ Struktur)
- Schalenpunkte (Form/ Größe/ Farbe/ Höfe)
- Schalenbeschaffenheit
- Druckfestigkeit
- Kelch-Eigenschaften (Tiefe/ Breite/ Relief/ Struktur/ Umgebung/ Berostung/ Blätter)
- Stiel-Eigenschaften (ähnlich komplex)
- Kernhaus und Kerne
- und Fleischbeschaffenheit (Farbe/ Struktur/ Duft/ Geschmack)
.. und das waren nur die (groben) Kriterien direkt am Apfel. Dazu kommen der Baum, die Blüten, Blühzeitpunkt, Reifezeitpunkt! Wenn mir noch mal jemand einen Apfel in die Hand drückt und fragt „was issn das für einer“ – na, dem erzähl ich aber was! 😂
Im Laufe eines Tages haben wir von 33 Äpfeln die Eigenschaften bestimmt, gelernt dass Kernhauswände sichel-, bogen-, rucksack-, ohren- oder bohnenförmig, Kerne orange-, reh-, schwarz- oder (hell-)kastanienbraun sein können, dass Größe kein relevantes Bestimmungskriterium ist, und vieles mehr. Danach habe ich erst einmal ein Bier getrunken (Hauptsache nix mit Äpfeln🤣).
Während für mich nun die Erkenntnis reicht, dass das Thema komplex ist, haben andere Bewohner des Haushalts ein tieferes Interesse entwickelt:
Für mich als Informatiker stellt sich ja sofort die Frage, ob es dafür nicht längst eine Datenbank gibt. Die ganze Sortenbestimmung fußt immer noch auf endlosem Blättern in Büchern, die immer alphabetisch, also nie nach dem Kriterium sortiert sind, nach dem man sucht (wenn man einen roten Apfel bestimmter Form sucht, muss man im Zweifel durch’s ganze Buch mit vielen gelben Äpfeln blättern, um bei Z endlich einen ähnlich roten zu finden). Es gibt wohl auch schon Ansätze für Apps (somit gibt es auch Datenbanken), aber laut Seminarleiter taugen die alle nichts (weil viel zu unvollständig und mit zu wenig Kriterien). Wer weiß, kommt Zeit, kommt Digitalisierung … (da MUSS es doch schon was geben, es ist soooo naheliegend!)
Und welche Sorten sind nun auf „unseren“ Wiesen? Mittlerweile sind es etwas mehr als 10:
- Ananas Renette
- Anhalter
- Ausbacher Roter
- Berlepsch
- Boskoop
- Brettacher
- Champagner Renette
- Cox Orange
- Danziger Kantapfel
- Elstar
- Finkenwerder Prinzenapfel
- Gelber Edelapfel
- Gewürzluiken
- Gloster
- Goldparmäne
- Grüner Boskop
- Heuchelheimer Schneeapfel
- Landsberger Renette
- Ontario
- Purpurroter Cousinot
- Rheinischer Bohnapfel
- Riesenboiken
- Rote Goldparmäne
- Rote Sternrenette
- Roter Boskoop
- Roter Trierer Weinapfel
- Topas
- Weißer Klarapfel
- Winterrambour
- Zuccalmaglios Renette
Die Sorten der Bäume unserer gepachteten Wiesen haben wir mal bestimmen lassen. Die Sorten auf ‚Gerhards Wiese‘ wären ohne Gerhards Aufzeichnungen ein Buch mit 2.000 Siegeln. Bei den neuen Bäumen auf der neuen Wiese waren zum Glück Zettel am Stämmchen … und wir hoffen, dass die Zettelchen die Wahrheit sagen 🤔.
Ach ja, was man nicht alles macht, um was man sich nicht alles kümmert, nur um einen schönen Schoppen im Glas zu haben … oder wohlschmeckende, weil leicht süß-säuerliche Apfelchips; auch hier ist die richtige Sorte nicht ganz unwichtig:
So, und zum Schluss noch ein Appell: Kauft ordentliche Äpfel! Auf dem Markt oder direkt beim Bauern, Hauptsache keine „Designer-Ware“ (wie Pink Lady). Kauft alte Sorten! Der BUND Lemgo zeigt in einem seit über 15 Jahre dauernden Projekt auf, dass gerade die alten Sorten auch für viele Allergiker sehr gut genießbar sind.
Ach so: und trinkt Apfelwein! Denn wer Apfelwein trinkt unterstützt die Streuobstwiesenbesitzer. Apfelweintrinker sind aktive Naturschützer! 😉