Unverhofft kommt oft?! So jedenfalls kommt es uns aktuell mit dem unerwarteten Sieg beim Apfelweinwettbewerb des OGV Niederhöchstadt vor. Damit haben wir nun wirklich nicht gerechnet. Aber eins nach dem anderen: Wer noch nicht im Thema ist, der sei zunächst auf die Seite des OGV bzw. diese Pressemitteilung verwiesen. Kurzfassung: Wir sind König:in! 👑
Da in der Pressemitteilung, die ja auch aus meiner Feder stammt, schon alles grob beschrieben ist, möchte ich hier nur noch ein paar „Hintergrundinformationen“ beisteuern – quasi „behind the scenes Goldschoppen 2023“ (das „Making Of“ findet sich hier). Der Beitrag ist etwas länger und sehr textlastig geworden, daher ein Mini-Inhaltsverzeichnis:
Los geht’s beim Namen: Goldschoppen. Der OGV hat dieses Jahr nämlich damit angefangen, die Titel Apfelwein-König, -Prinz- und Ritter zu ersetzen mit Gold-, Silber- und Ehrenschoppen. Das liegt einfach daran, dass wir (der OGV und ich als 2. Vorsitzende und Wettbewerbs-Zeremonienmeister) zur Kenntnis nehmen mussten, dass einerseits das ganze Apfelwein-Gewese von Männern dominiert ist – da muss man sich nur mal die Gruppenfotos diverser Veranstaltungen anschauen, andererseits immer mehr Frauen Interesse am Keltern haben. Nach dem letztjährigen Wettbewerb 2022 kam man jedenfalls mit der Anregung auf mich zu, mal über die Titel nachzudenken, um dem Frauenanteil gerecht zu werden und diesen zu fördern.
Jetzt finde ich persönlich die Titel König, Prinz und Ritter ganz nett, aber die weiblichen Pendants klingen doof: Königin, Prinzessin und Dame … autsch. Mein Klischee-Kopf stellt sich bei Prinzessin irgendwas in rosa vor. Bei Apfelwein-Königin denke ich an die Weinköniginnen, die „nur“ repräsentieren, aber den Wein nicht (unbedingt) selbst hergestellt haben, und Dame … hm … ich weiß nicht. Aber das ist ja nur meine ganz persönliche Meinung/ Prägung – hätte man ignorieren können.
Dazu kommt ein logistisches Problem: Seit einigen Jahren lässt der OGV schöne „Pokale“ in der Töpferei Maurer herstellen. Und darauf steht der Titel, bisher z.B. „Apfelweinkönig“ – potentiell unpassend. Man hätte auch „Apfelweinkönig:in“ drauf schreiben können, doch obwohl ich dem „:in“ gar nicht abgeneigt bin, sind wir ehrlich: es sieht sch* aus und spätestens bei Ritter/Dame wirkt es dann auch sehr bemüht. Also was tun?
Naja, am Ende war es ganz einfach: Wir küren/ benennen nicht die Person, sondern das Getränk.
Nächster Punkt: Warum haben wir genau diesen Schoppe in den Wettbewerb gegeben?
Wer schon einmal bei uns im Apfelwein-Keller war, kennt das Chaos in der Waschküche(!): Diverse Plastikfässer und Glasballons verschiedener Größe stehen zusammen mit leeren und bereits abgefüllten Flaschen und Bag-in-Box, alles mal besser, mal schlechter beschriftet.
Als es darum ging, welcher Schoppen in den Wettbewerb geht, sind Elisabeth und ich in den Keller und haben uns mal umgeschaut: Ich bin ja Fan von Speierling – da wissen wir aber schon, dass die Gewinnaussichten gering sind – schied also aus. Die Quitte gibt dem Apfelwein eine schöne Farbe und einen Hauch von Zitrusfrucht – schmeckt lecker und bekommt immer wieder Lob. Allerdings hatten wir davon derzeit nur randvolle Glasballons. Drei Liter für den Wettbewerb rausnehmen hieße Luft reinlassen, also hätten wir gleich den ganzen Ballon abziehen müssen. Dazu hatten wir in der Situation weder Lust noch Zeit … und wenn man es nicht gleich macht, dann ärgert man sich 2 Wochen später über „veränderten“ Geschmack. Also Quitte schied auch aus. Blieb nur „Streuobst-Mix pur“ … so ein Zufall: da standen ja 3x 1 Liter Flaschen fein säuberlich randvoll abgefüllt. Ach ja, die könnten wir ja nehmen …
Letzter Punkt: Die Erkenntnis gewonnen zu haben.
An dieser Stelle sei doch noch einmal das Anonymisierungs-/Bewertungs-Verfahren beschrieben, welches wir beim OGV seit 2018 durchführen. Die Teilnehmer:innen (dieses Jahr: 20) geben 3 Liter Apfelwein in beliebigen Gefäßen bei uns ab. Überall steht ein Name drauf, d.h. ich weiß genau wo was drin ist – und da man bei der Abgabe der Schoppen oft schon „ins Gespräch“ kommt, weiß ich auch wie der eine oder andere Schoppe schmeckt. Wenn wir alle Schoppen beisammen haben, füllen Elisabeth und ich die Proben in einheitliche Bags um und kleben Namen drauf. Bis hier hin weiß ich immer noch, wo was drin ist. Dann werde ich des Kellers verwiesen, und Elisabeth ersetzt die Namen mit Nummern und versteckt die Auflösung an einem sicheren Ort. Elisabeth ist nun die alleinige Geheimnisträgerin, und ich bekomme die Proben erst beim Wettbewerb wieder zu Gesicht.
Dieses Jahr hat sich die Fachjury (Sabine Kunz, Reinhard Birkert, Stephan Herberth) schon am Vorabend bei uns zu Hause getroffen, um alle Apfelweine zu verkosten und zu bewerten. Obwohl ich auch Teilnehmer bin erlaube ich mir als Organisator die Freiheit dem Prozedere beizuwohnen, den Kommentaren zu lauschen und mir meine eigenen Gedanken zu machen – aber ansonsten halte ich mich raus. Die Jury war dieses Jahr sehr bei der Sache, hat einerseits viel diskutiert, war andererseits aber auch milde im Urteil. Nach Ende der Jury-Verkostung habe ich die Bewertungen in das Wertungsschema (große Excel-Tabelle) eingetragen, und siehe: Nummer 8 wurde am besten bewertet – und dann gab es noch 3 (drei) Silber-Schoppen (Elisabeth und ich fingen an zu überlegen, was zu tun sei, wenn es auf einem Podestplatz ein Unentschieden gäbe). Und ich habe in meinen eigenen Notizen nachgeschaut: Nummer 8 – zu süß!
Am Tag des Wettbewerbs haben wir dann wie gewohnt die Schoppen in schneller Folge ausgeschenkt, und in dieser Runde durfte ich auch eine Bewertung abgeben. Ich muss zugeben, dass ich in meiner Doppelrolle Moderator/ Teilnehmer nicht super kritisch in meiner Bewertung bin – und dieses Jahr sogar vergessen habe 2 Proben zu bewerten (die dann neutrale 3 Punkte bekamen). Bei der #8 stand wieder „eher süß“ – aber dennoch 4 von 5 Punkte im Geschmack. Man kann auf den Wertungsbögen auch die Nummer ankreuzen, die man glaubt als die eigene Probe erkannt zu haben. Ich habe nichts erkannt – die #8 kann’s ja nicht gewesen sein: zu süß!
Dann die Stunde der Wahrheit: Nachdem Elisabeth und ich die Bewertungen ins Wertungsschema eingetragen haben und somit die (eindeutigen) Platzierungen feststanden, drückte mir Elisabeth die Auflösung in die Hand und verschwand. Ich musste jetzt nur noch die Nummern finden und Titel daneben schreiben … und langsam dämmerte es mir …
Holy Shit! Jetzt war genau das eingetreten, warum ich es die ersten 2 Jahre als Organisator abgelehnt habe selbst am Wettbewerb teilzunehmen. Wer konnte das ahnen (siehe Auswahlprozess) ?!? Und wie peinlich! Ich musste als Moderator doch die Sieger verkünden …
Zum Glück war Elisabeth auch da … 😎 Jetzt musste sie in die (von ihr eher unbeliebte) Rolle der Frontfrau springen und all das Händeschütteln übernehmen 🤝. Dem sei hinzugefügt, dass Elisabeth ja als einzige seit Freitag Abend wusste, dass da etwas „großes“ passieren könnte – sie hatte also Zeit sich ein „was-wäre-wenn“ zu überlegen 😉
Ach ja: es war wieder ein großer Spaß … und wer das alles zu ernst nimmt ist selbst schuld. Wir freuen uns sehr über die Trophäe, und freuen uns auch, dass wir uns für die Hessenmeisterschaft (16.-18. Juni in Oberursel) qualifiziert haben (gleichwohl: dabei sein ist alles 😉).
Und natürlich freuen wir uns über die tolle Keltergemeinschaft! Die „Heckstedter Krönchen“ sind schon eine großartige Truppe! Ohne das gemeinsame Bäume schneiden, Mähen, Ernten, Waschen, Schnibbeln, Maischen, Pressen und „Qualität sichern“ wäre das alles nichts. Die Keltergemeinschaft ist jetzt König:in! Das wird noch gefeiert … aber dazu mehr in einem neuen Beitrag.
Nachtrag: Wie oben erwähnt qualifizierte uns der Sieg beim OGV Niederhöchstadt für die Teilnahme an der Hessenmeisterschaft. Hier wurde Mitte Juni unter 21 König:innen herausgefunden, wer denn nun den besten Schoppen Hessens keltert. Nach einer dreitägigen Publikumsverkostung wurde am Sonntag, 18. Juni der Meisterschoppen gekürt – und wir waren mit Claudi natürlich dabei. Long story short: wir haben den 7. Platz belegt, also – wie Andreas richtig bemerkt hat – im ersten Drittel! 😉 Gar nicht mal so schlecht 👍
Copyright: Gruppenfoto/ Bannerfoto und Foto von der Siegerehrung: Udo Gauf.